Caspar und seine Freunde

Eigentlich ist dies die Geschichte von Kater Caspar, der irgendwo im Mai 2003 in Bochum geboren ist und im Alter von drei Monaten in einem Schrebergarten gefunden und im Tierheim Bochum abgegeben wurde. Doch man kann die Geschichte nicht erzählen, ohne von Liesel (vormals Isabella ) zu berichten, die uns alles beibrachte, was ein Dosenöffner so wissen muss. Liesel wohnte ihr ganzes bisheriges Leben bei einer alten Dame in Überruhr, und als die alte Dame starb, war es schwer, für ein altes Katzenmädchen ein neues Zuhause zu finden. Der Zufall wollte es, dass wir zu dieser Zeit beschlossen hatten, einer Katze aufzunehmen, um Katja die Angst vor dem Alleinsein zu nehmen. Dass Liesel nicht 8 sondern bereits 13 Jahre alt war, hatte die freundliche Dame vom Katzenschutzbund geschickt im Katzenpass geändert, aber das Alter tat der Liebe keinen Abbruch. Die kleine zarte Katzendame wohnte bis zum 12.06.2003 mit uns zusammen, sie wurde geliebt und bespielt und nahm Katja die Angst. Der Familie brachte sie Disziplin bei, z. B. Pünktlich zusammen zu essen – wobei Liesel brav auf der Eckbank am Tisch saß und mit kleinen Tatzenstubsern bat, sie doch möglichst nicht zu vergessen – und sich gefälligst spätestens um 20 Uhr im Wohnzimmer zu versammeln, damit sie in Ruhe über der Heizung einschlafen konnte. Als Liesel im stolzen Alter von 19 Jahren ins Regenbogenland ging, sollte dies eigentlich das Ende der Katzenherrschaft in unserem Haushalt sein. Die Näpfe verschwanden im Schrank, ein kleiner Kratzbaum und das Katzenklo im Keller und es wurde Urlaub gemacht. Zurück daheim war es schwer, die Wohnungstür zu öffnen, ohne dass ein vertrautes Köpfchen in der Diele wartete und einen hoffnungsvolle Kugeläuglein so lange ansahen, bis der Napf gefüllt ( bloß nicht dasselbe Futter wie heute Morgen! )und Katz zufrieden schnurrend auf dem Schoß eingerollt lag. Und so blätterte man ein wenig sehnsüchtig im Internet auf Tierheimseiten, schaute im WDR Tiere suchen ein Zuhause, und an einem Tag im September 2003 erscholl ein „Oh Gott wie süüüüß“ in der Damenwelt. Man starrte gebannt auf den Bildschirm, auf dem – grau-scharz-getigert mit weiß, EKH- Caspar, dreizehn Wochen alt stand. Auf dem Bild schaute ein kleiner Kater mit großen Augen den Betrachter an und bat, ihn doch bitte aus dem schrecklichen Tierheim zu befreien. Nur einen Anruf später saß man bereits im Auto und war auf dem Weg nach Bochum. Die Eingangshalle war schnell durchquert, und während ich noch brav an der Anmeldung wartete, hatten die Dosenöffner-Damen offenbar Robbie Williams im Tierheim entdeckt, jedenfalls konnte man das aus den entzückten Rufen ( Mein Gott ist der niedlich, süß, putzig....) schließen. Es war nicht Robbie, sondern Caspar, der uns als ängstlicher Zeitgenosse vorgestellt wurde, der aber gut frisst. Nun war er an diesem Tag gar nicht ängstlich, eroberte alle potentiellen Dosenöffner/innen mit lustigem Spiel und seinen großen Katzenkinderaugen, machte vor Aufregung ein bißchen Pipi, und ein paar Tage später zog er bei uns ein. Trinkschale, Näpfe, Kratzbaum und Klo wurden wieder aufgestellt, und Liesel schaute kopfschüttelnd aus dem Regenbogenland herüber. Sie hatte gern ihren Napf an einen kleinen Artgenossen weitergegeben, doch die mühsam erlernte Disziplin war dahin. Es wurde stundenlang getobt, sie sah Caspar auf dem Eßtisch ( ja, auf dem Eßtisch! ) laufen und sogar erschöpft dort einschlafen, er verstieg sich zur Weihnachtszeit in der Tannenbaumspitze und ließ nachts Weihnachtsbaumkugeln durch das Wohnzimmer rollen. Ein Irrenhaus!!!! Außerdem aß Caspar alles, was in den Napf kam, und zwar gern und viel. Doch es kam eine Zeit, vielleicht als der Weihnachtsbaum des Jahres 2003 verschwand und das neue Jahr mit dem üblichen Arbeitsalltag der Dosenöffner begann, da schien es Caspar langweilig zu werden. Er zog sich oft ins Bett zurück, schlief lang und viel und spielte nur halbherzig mit den Fellkügelchen, die zwischen Wohnzimmer und Diele hin und her flogen. Außerdem wurde er auch ein wenig dicker. Und hier, an diesem Punkt, beginnt eine neue Geschichte. Sie ist der Grund, warum ich am 16.Mai 2010 hier auf der Terrasse sitze , auf einen Pflanztopf im Garten mit einem herrlich blühenden Rhododendron schaue und zu schreiben begonnen habe, damit niemand diese Geschichte vergisst. Die Tage, an denen es Caspar langweilig wurden, haben alles verändert und die letzten sechs Jahre wie im Flug vergehen lassen.

 

Der therapeutische Ansatz war gemacht, und die Damen dachten an einen weiteren Robbie Williams ( würg ), Dosenöffner-Herrchen an eine langbeinige Katzenschönheit zum Schmusen und ein wenig an Liesels Disziplin! Und wieder wurde das WWW bemüht, Tierheime in ganz Deutschland ausgespäht, um Caspar den/die richtige Partner/in zu vermitteln. Der Zufall – oder eine ganz besondere Fügung – führte auf die Internetseite der Arche Noah Teneriffa. Noch während ich auf die schöne Katze Cona setzte, rührte uns alle die Geschichte von drei Katzenkindern, die vor der Tür der Arche in einem mit einem Betonklotz beschwerten Pappkarton abgestellt worden waren. Man nannte sie Alia, Alice und Alio, und das Bild von Alio, dem „explodierten“ kleinen Kater werden wir wohl alle niemals vergessen (explodiert sah er aus, weil er ein fast hundertprozentiger norwegischer Waldkater war, das merkten wir aber erst nach einigen Monaten, als sich seine Halskrause entwickelte und die wunderbar weichen Fellbüschel unter seinen Füßen immer größer und Laminat-ungeeignet wurden). Cona wurde schnell überstimmt, eine E-Mail an die Arche gesandt und bangend eine gefühlte Ewigkeit auf die Antwort aus Teneriffa gewartet. Doch der Anruf kam, und es kamen Wolfgang und Karin aus Duisburg, um mit strengem Blick und noch strengerem Fragebogen auf dem Klemmblock das potentielle Heim des Herrn Alio zu inspizieren.

 

Caspars Heim, seine Spielkiste mit zur Höhle ausgebautem Umzugskarton und der vernetzte Balkon mit Blick aufs kleine Wäldchen wurden wohlwollend betrachtet! Dann kam der 14. Februar 2004, und auf dem Flughafen Frankfurt landete eine Maschine aus Teneriffa. An diesem kalten Winterabend fuhr ich zum Tierheim in Wermelskirchen und erhielt eine kleine blaue Flugtasche mit schniefendem, niesenden Inhalt. Ich versuchte während der ganzen Fahrt, beruhigend auf das eingerollte Fellknäuel einzureden, und als wir am späten Abend endlich daheim angekommen waren, wurde die Tasche vor dem Katzenklo in der Diele geöffnet. Doch viel Zeit blieb nicht, ihn zu betrachten, denn der Gast verschwand in der hintersten Ecke der Küche. Der kurze Augenblick hatte jedoch gereicht, die Mädels zu begeistern, nur Caspar verzog sich sofort im Schlafzimmer unter dem Bett, toll! Der kleine Alio arbeitete sich irgendwann nachts bis ins Esszimmer vor, versteckte sich unter dem Buffet, doch auch Caspar muss die Neugier gepackt haben, allerdings hatte ihn wohl schnell aller Mut verlassen, denn am Morgen war er wieder unter dem Bett, nur in der Badewanne hatte er ein Geschäftchen zurückgelassen, war wohl zu gefährlich, zur Katzentoilette zu schleichen, während das gefährliche Wesen im Esszimmer lauerte. Inzwischen hatte sich Alio laut schnurrend und brummend unter seinem Buffet von Katja streicheln und beschmusen lassen. Zumindest in dieser Hinsicht war das Eis wohl gebrochen! Auch schien es ihm Mut gemacht zu haben, denn in der nächsten Nacht hatte er sich ins Wohnzimmer vorgearbeitet. Auch bei Caspar siegte die Neugier, und irgendwann an diesem Abend stoben beide plötzlich unter der Couch hervor und begannen zu rennen, zu toben und zu spielen. Bald schliefen sie zusammen im Bett oder im Sessel, entdeckten gemeinsam den Balkon oder stritten um Papierbögen, Kartons oder kleine Teppiche, ohne das jemals Ernst aus dem Spiel wurde. Denn ohne das wir etwas davon mitbekamen, hatte Alio das Kommando über die ganze Familie übernommen. Eine Fellmaus vor die Füße gelegt, und der Dosi funktionierte und warf sie für ihn. Traurig auf die Fernsehzeitung legen und der Dosi nahm ein Bändchen und zog es durch die Blätter, bis alles zerfetzt war. Ein Kopfstößchen mit Hüpfer, und das nächste Lecker war gewiss! Und so vergingen wunderschöne Monate, hundert Fellmäuse wurden geknackt, von ihrem Schwanz befreit oder im Wassernapf versenkt, und nur selten flog ein Blumentopf von der Fensterbank. Allein die nächtliche Inspektion der höheren Küchenregionen führte zu einem Desaster, denn ein nächtlicher Knall holte alle Dosenöffner aus den Betten. Einbrecher, Explosion, Erdbeben????????? Nein , ein kleiner Kater saß in der Küche zwischen den Trümmern des Glasregals, dass über der Arbeitsplatte Heimat vieler Kaffeetassen und Dekorationsgegenstände gewesen war. Doch da der Blick des Herrn Alio --- ich hab` nichts gemacht ----- klar bewies, das er unschuldig war und der Bluttropfen am Boden mit der leicht lädierten Vorderpfote üüüüüberhaupt nichts zu tun hatte, wurde aufgeräumt und weiter geschlafen.
 

Und keinem von uns kam es ungewöhnlich vor, dass Alio immer und überall war und sich kümmerte, um Caspar, um Katja und alle, die im Haus waren oder zu Besuch kamen. Morgens der Erste im Bad bei mir, abends der Letzte, der Katja ins Bett begleitete. Das sein Verhalten nur Ausdruck seiner Krankheit war, wurde uns allen erst bewusst, als Biene ins Haus kam. --------------------------------------------------- Der Wunsch nach einem Katzenmädchen war geblieben, wenn auch nur bei mir, doch geschickte Überzeugungsarbeit mit Dackelaugen ( nachher werden beide Kater dick und faul!!! ) führte wie der stete Tropfen zum Erfolg. Nachdem es mit Layla aus der Katzenhilfe Greven nicht geklappt hatte, erreichte uns ausgerechnet auf dem Langenberg im Sauerland während eines Kurzurlaubes ( Katja hatte derweil Katzendienst ! ) der Anruf aus Greven, dass in einer Turnhalle süße Katzenbabys gefunden worden waren, von denen eines etwas für uns sein könnte. Zuhause das Bild des Knäuels im Internet betrachtet, war der Name Biene schon vergeben, und Anfang November 2005 kam ein winziges, verfressenes Fellkügelchen ins Haus, gerade 9 Wochen alt. Eine süße, verspielte Maus, die selbst Caspar zu neuer Energie verhalf, allerdings mit kleinen Fehlern, denn Hindernisse kannte Biene nicht. Eine Fliege? Drauf mit Juhu, egal was umfällt, ich habe sie!!! Der Lärm zerbrochener Vasen oder Flaschen war völlig egal, nur nicht das Ziel aus den Augen verlieren. Und irgendwann erschöpft in einer Hand oder Katjas Arm oder auf Petras Decke einschlafen. Ein einziges Rennen und Toben füllte die nächsten Wochen aus, nur Alio schien genervt, er ließ Biene nicht in Ruhe spielen, nahm ihr jedes Spielzeug weg und meckerte und fauchte. Er erbrach oft und war wie ausgewechselt, wenn etwas nicht nach seinem Willen lief, und die ganze Aufregung war wohl Auslöser für den Zusammenbruch. Den Nikolausabend 2005 wird niemand von uns vergessen, denn Alios Schmerzensschrei ging uns allen durch Mark und Bein. Er lag auf dem Kratzbaum, auf einer der höchsten Etagen, die Augen kohlrabenschwarz vor Schmerzen und sein Körper zuckte konsulvisch. Schnell in die Klinik nach Altenessen, und in der Nacht die schlimme Diagnose: Darmversagen. Ein Fremdkörper konnte beim Röntgen nicht entdeckt werden, und so musste er in der Klinik bleiben, um am Morgen operiert zu werden. Uns blieb zu beten, zu bangen und zu hoffen, und die kleine Kerze auf dem Wohnzimmerschrank brannte den ganzen Tag und die nächste Nacht, um vielleicht zu helfen, die Lebenskraft zu erhalten. Und nach all den Tränen der ersehnte Anruf: Er hat die OP überlebt und ist wach. Die Blutuntersuchung hatte zudem eine Schilddrüsenerkrankung aufgezeigt, die Ursache für das Organversagen war. Nur an einen Besuch war nicht zu denken, es sollte kein Heimweh geweckt werden.

 

Doch der kleine Mann fraß nichts in der Klinik, also wurde er uns nach drei Nächten in der Klinik mit nur noch 4 ½ Kilo Gewicht und einem Berg von Medikamenten mit nach Hause gegeben. Alio freute sich riesig, als er abgeholt wurde, er brummte laut und gab trotz seiner Schwäche Kopfstößchen, die uns Hoffnung machten. In den folgenden zehn Tagen hat die ganze Familie mit Alio gekämpft, Antibiotika, MCP und Schilddrüsentabletten flogen bei unseren ersten unbeholfenen Versuchen durch das Kinderzimmer, in dem er nun isoliert bleiben musste, um die OP-Narbe zu schützen. Doch alle hielten durch, die Medizingabe wurde verfeinert, Futter gab es aus der Hand , auch Petra tauchte tapfer die Finger ins Futter und schaffte die ersten Bissen, die allen viel Mut machten. Leberwurst vom Finger, Sheba aus Katjas Hand, Alio fraß und begann zu kämpfen, die langen Nächte mit der Hand auf der großen Narbe am Bauch ( die ja nicht geputzt oder gekratzt werden durfte ) gingen irgendwann vorbei. Am Morgen des 22.12.2005 war es endlich soweit, die Fäden wurden gezogen, und das schönste Weihnachtsgeschenk aller Zeiten war, dass Alio wieder durch die Wohnung streifte und auf dem Geschenkpapier lag. Alle Gedanken der Familie, Biene wieder abzugeben, um Alio den Stress zu nehmen, wurden vom Familienrat für erledigt erklärt. Das war auch gut so, denn plötzlich begann Alio sie zu putzen, mit ihr in Katis Bett zu kuscheln, und heute ist uns allen klar, wie wichtig und richtig diese Entscheidung war, denn die zwei waren nicht mehr zu trennen. Es war ein anderer, ein neuer Alio, der da aus der Klinik gekommen war, erwachsener und ruhiger, stark und souveräner als der kleine Quirl, der vorher durch die Räume gefegt war. Er liebte Biene, rannte und tobte noch mit Caspar, aber er nahm oft Auszeiten und konnte auch mal zuschauen, was in seiner kleinen Welt passierte. Mit dem Umzug am 18.04.2006 verließen wir das Dachgeschoss in Holsterhausen und bezogen unser erstes Erdgeschoss mit Terrasse und Garten, und es wurde sofort das Versprechen eingelöst, dass ich Alio zur Zeit seiner schweren Erkrankung gemacht hatte: die große Terrasse wurde komplett vernetzt.
Drei Wochen nach dem Umzug konnte das neue Reich erobert werden.Wieder gab es Tränen, nur dieses Mal waren es Tränen der Freude und der Dankbarkeit.Wie der König der Löwen bezog Alio seinen Königsfelsen und hielt Wacht über sein Reich und seine Freunde. Caspar bezog den mit Gras bewachsenen Kasten, Biene meist den begehrten Gartensessel von Petra, und es wurde geschaut: Vögel auf der Wiese!Ein Igel! Ein Hund! Eine andere Katze! Ich bin hier und passe auf, komme wer will !!! Regenwurm, Schmetterling und Eichhörnchen, kalte und warme Tage, Schnee an den Tatzen, Sturm oder Hitze, nichts ist unseren Fellen fremd geblieben. Auch Karin und Wolfgang vom Verein aktiv-fuer-tiere.com kamen ab und an, um Alio und seine Familie zu besuchen. Allen gefiel das Freigehege, und so vergingen zwei schöne Jahre im Miezenland ( wenn man den blöden Sturm Kyrill mal vergisst, der einige Spuren am Gehege hinterließ, jedoch nichts, was sich nicht wieder reparieren ließe! ) Im Juni 2008 klingelte das Telefon, und Wolfgang berichtete von einer halbwilden Stadtwerke-Katze, die eigentlich nur kastriert werden sollte, dann jedoch acht Junge in seinem Keller bekommen hatte! Doch die Katzenmama wollte weiter draußen leben, und so musste sie nach der Kastration wieder freigelassen werden. Die Kleinen blieben bei Pflegefamilien, leider haben es drei nicht geschafft. Die Verbliebenen lebten bei Karin und Wolfgang in einem kleinen Ställchen, bekamen erst Fläschchen und später Babykatzennahrung und gediehen prächtig. Die Einladung zum Kaffeetrinken blieb – wie sollte es auch anders sein – auch für uns nicht ohne Folgen!! Benisha, Bommel, Emily, Nina und Nino waren goldige Fellknäuel, Petra war sofort in Benisha verliebt, Katja und meine Wenigkeit in die zarte Emily mit dem Schlafzimmerblick. Und wo Platz für drei ist, ist doch auch Platz für vier, oder.........? Bald war klar, dass Karin sehr an Benisha hing, und so kam die kleine Emily im August 2008 in unsere große Familie. Caspar und Alio mochten den kleinen, wilden Kobold, und nach drei Wochen verlor auch Biene den skeptischen Blick, verzichtete auf den obligatorischen Klaps, wenn Emily ihr zu nahe kam und - welche Ehre – putzte den kleinen Wichtel. Emily ging klug jedem Ärger aus dem Weg, und wenn sie doch mal zu weit gegangen war, z. B. beim Spiel „ Ich hüpfe über den großen Alio “ warf sie sich blitzschnell auf den Rücken: Ich ergebe mich, tu mir nichts, ich bin ja noch so klein!! Die Masche zieht bis heute, und so kommt man prima durchs Leben!!! Da schon jeder Katz seinen Platz in der Familie hatte – Alio in Katjas Bett oder auf ihrem Schoß, Caspar immer in seiner Nähe und Biene in ihrem Körbchen oder auf dem Kratzbaum – war Petras Decke die erste Wahl, und so war schnell der künftige Kashmir-Kuschelplatz gefunden. Laut und selbstbewusst fordert Emily ihr Recht ein. Futter von Kai und Kuscheln mit Petra, spielen mit Allen! Toben mit Caspar und Biene, manchmal sogar mit dem tollen Alio - Juhu - wenn der nicht gerade schnarchte oder bei solch kindischem Gebaren meckerte.
Rollig!! Emily jodelt den ganzen Tag und die halbe Nacht. Und als Vater ihrer ersten Kinder hat sie sich ausgerechnet den armen Alio ausgesucht! Alio, ich will ein Kind von dir! Der versteht gar nichts, und Emily versteht nicht, dass er höchstes noch Onkel werden kann, also ist es Alios Rettung, dass die Kastration dem Spuk ein Ende bereitet. Wieder vergeht die Zeit im Flug, eine Maus auf der Terrasse kann vier ausgewachsenen Raubtieren entkommen, aber Emily fängt einen kleinen Vogel! Sie verschwindet mit ihm im Schlafzimmer unter dem Bett, allerdings nicht ohne Alio, der ihr die Beute streitig macht. Ruckzuck hat er das arme Vögelchen am Fenster erwischt und rennt mit der Beute im Mäulchen zurück ins Wohnzimmer. Mein Einsatz ist nicht umsonst, er lässt das arme Ding los, auf dem Rücken liegend und die Füße zur Decke gerichtet. Aber ätsch, als ich den Kleinen auflesen will, hebt er ab und entwischt putzmunter durchs Netz in den Garten , veräppelt!!!! Es ist fast immer was los, und wenn mal nicht: Nickerchen! Und wenn man gerade denkt, alles könnte immer so weitergehen, dreht sich das ganz große Rad und das Schicksal hat völlig andere Pläne. Am 01.Mai 2010 war alles wie immer. Katja war schon früh zu einem Turnier unterwegs, Petra schlief noch und ich holte Brötchen. So ging es schon früh um Acht bei herrlichem Frühlingswetter auf die Terrasse, Caspar im Kasten, Biene und Emily auf Vogelschau und Alio auf dem Königsfelsen, die Nase im Wind und das schöne Fell zerzaust. Eine gute Stunde später auf dem Weg zum Bad wurde ich von einem fröhlich hopsenden Alio überholt, der sich dann über den Napf mit den Brekkies hermachte. Nur fünf Minuten später verließ ich das Bad, um direkt auf die Terrasse zu Kaffee und Zeitung zurückzukehren. Doch welch ein seltsames Bild auf dem Teppich in der Mitte des Wohnzimmers! Alio ( schlafend, ruhend ? ) auf der Seite liegend, seine drei Freunde in einem merkwürdigen Dreieck um ihn herum sitzend, still, beinahe andächtig. Einen Schritt weiter begann ich das schreckliche Bild zu begreifen, das leicht geöffnete Mäulchen, die schönen Augen starr blickend: Alio hatte uns verlassen, ohne Anzeichen, ohne Laut und – glücklicherweise – auch ohne Schmerzen hatte sein Herz aufgehört zu schlagen. Caspar, Biene und Emily hatten alles längst verstanden und ihren Freund ein Stück des Weges ins Regenbogenland begleitet. Diese Geschichte ist viel länger geworden, als ich am 16. Mai 2010 gedacht habe, und heute, am 06. Juli 2010, sind alle Erinnerungen, die Petra und Katja noch ergänzt haben, mit in die Erzählung eingeflossen und ich sitze auf der Terrasse und blicke auf den Pflanztopf mit dem Rhododendron, in dem die Asche eines guten Freundes ihren letzten Platz gefunden hat. Er blüht heute nicht mehr, aber er ist schon schön gewachsen, und Caspar beobachtet einen Vogel im Garten, denn das Leben geht einfach weiter. Am 01. Mai 2010 haben wir gefühlt, das die Welt für einen kurzen Moment stehen geblieben ist, aber sie dreht sich weiter, auch wenn am Einkaufsdonnerstag niemand mehr die Einkaufstaschen durchwühlt, am Freitag pünktlich zur Pizza auf den heißen Thunfisch wartet und der Platz in Katjas Bett leer bleibt. Für Caspar und seine Freunde kommen – hoffentlich! - noch viele Frühlingstage, an denen der Rhododendron blüht. Ich hoffe, wir sind noch lange miteinander glücklich, und irgendwann, wenn wir wieder denken, es könnte immer so weitergehen, wird ein Dosenöffner auf den Rhododendron schauen und die Geschichte vollenden, die Geschichte von Liesel, Caspar, Alio, Biene und Emily und.......???? Fortsetzung folgt.....

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Kommentare: 2
  • #1

    Lina (Freitag, 16 März 2012 14:42)

    ... und wieder Tränchen in den Augen... Es ist so schön geschrieben...toll! Und ich möchte die Fortsetzung lesen... :-)

  • #2

    Oskar (Mittwoch, 05 September 2012 08:10)

    Ach wie schön und traurig und schön! Ach wie katzisch und menschlich. Ach...