Eine Weihnachtsgeschichte

Eine Weihnachtsgeschichte:Als auch das letzte halbwegs heile Geschenkpapier zerfetzt und zerknittert unter dem Wohnzimmerschrank verschwand, so, dass man es nicht einmal mehr mit größter Anstrengung und ausgefahrenen Krällchen erreichen konnte, als Frauchen die heruntergepurzelten Kugeln unter dem Weihnachtsbaum eingesammelt und sicherheitshalber in einer Schublade verstaut hatte, fiel der kleine Adriano in seine Kratzbaum-Hängematte und schlief augenblicklich ein. Als er mitten in der Nacht erwachte, meinte er ein sanftes Streicheln auf seinem Rücken gefühlt zu haben. Er öffnete vorsichtig ein Auge und wurde unmittelbar von einem hellen Licht aufgeschreckt. „Keine Angst“, flüsterte sanft ein großer,blütenweißer Kater, auf dessen Rücken sich Flügel befanden, die dieses sternengleiche Licht im Raum verbreiteten, und fuhr fort, Adriano zu streicheln. „ Du bist unglücklich?“ fragte das seltsame Wesen und sah tief in Adrianos Augen. „ Ein wenig schon“, antwortete Adriano. „ Alle schimpfen mit mir, wenn ich in dem bunten Baum herumklettere, und dass ich die schönen, bunte Pakete ausgepackt habe, als alle in der Kirche waren, hat ihnen auch nicht gefallen, Adriano mach dies nicht, Adriano mach das nicht, komm da raus….., ich weiß gar nicht, ob die mich noch mögen! Sonst wurde ich jeden Tag nur gestreichelt und verwöhnt.“ „Halt dich an mir fest“, sagte der weiße Kater, und als Adriano zupackte und sich am Rücken des Großen festhielt, wurde er in atemberaubender Geschwindigkeit hinauf zum Sternenzelt getragen, ohne dass das Fenster im Wohnzimmer auch nur ein kleines Hindernis dargestellt hätte. Im Flug durch Spiralnebel und vorbei an Milliarden von Sternschnuppen tauchten sie in ein regenbogenfarbenes Sternenfeld ein, und kurz darauf endete der rasante Flug am Fuß eines gigantischen Weihnachtsbaumes, dessen Kerzen in gleißendem Licht strahlten, so hell, dass Adriano zunächst gar nichts mehr sah. Dann kristallisierten sich bunte Kugeln heraus, Strohsterne raschelten von Geisterhand bewegt, und plötzlich sah er sie: Ungezählte kleine Katzen kletterten im Dickicht der Zweige herum, purzelten, schaukelten und baumelten zwischen herabfallendem Baumschmuck, der sich immer wieder selbst und wie durch Zauberei an anderer Stelle an den Baum hängte. Das Lachen der tobenden Katzen erfüllte nun den ganzen Ort, und Adriano fragte schüchtern:“ Wer sind die alle?“ „ Das sind alle Katzen der vergangenen Jahrhunderte, die einmal auf der Erde gelebt haben“, antwortete der Große, und plötzlich raste ein hübscher, junger Kater mit großen, strahlenden Augen und hoch erhobenem buschigem Schweif auf sie zu. „ Hey, du Trauerklops, was bläst du Trübsal an diesem wunderbaren Ort?“ fragte er, und ohne dass Adriano etwas sagen konnte, fuhr der lustige Kater fort zu sprechen:“ Als ich klein war, ging es mir wie dir, alle meckerten, der schöne Baum, die schönen Kugeln, und ich war traurig wie du. Im nächsten Jahr war ich erwachsen, und ich habe nur noch ein bißchen am Baum gerupft, und im dritten Jahr haben die Menschen Strohsterne ganz nach unten gehängt, damit ich mit ihnen spielen konnte. Sie haben gelächelt, wenn ich den Strohstern durch die Wohnung gejagt habe, und das Geschenkpapier haben sie vor mich hingelegt und die Paketbändchen darunter weggezogen, damit ich in den Knäuel hineinspringe! Und als ich gehen mußte, saßen sie unter dem Weihnachtsbaum, und sie haben geweint, weil niemand mehr die Kugeln hinunterwarf oder einen Stern jagte. Und jetzt geh los und tobe, ohne an Morgen zu denken, und wenn sie schimpfen, dann denk an meine Worte! Sie lieben dich so sehr, und was ist ein Meckertag gegen 364 Tage Liebe!“ „ Kenne ich dich nicht von irgendwo her?“ fragte Adriano den wuscheligen Kater. „ Schau auf die Bilder deiner Menschen, vielleicht erkennst du mich ja dort!“ Der Kater gab Adriano einen tüchtigen Nasenstubser und raste zurück in den Baum, um wieder mit dem wilden Spiel zu beginnen. „ Komm,“ sagte der Große, und Adriano hielt sich wieder an ihm fest, und wieder hoben sie ab und jagten davon. Adriano sah noch einmal zurück, und viele der kleinen Katzen winkten ihm fröhlich zu. „ Sie sind hier alle wieder jung und gesund, egal was ihnen in ihrem Leben geschehen ist,“ rief ihm der Große zu, und Augenblicke später war er wieder auf seinem Kuschelplatz… Am Morgen erwachte er sehr früh, alle schliefen noch, und er sprang hinab vom Kratzbaum und hinein in den Weihnachtsbaum. „Adrianooo!“ tönte es von allen Seiten, und als er aus dem Baum stob, sah er, dass Herrchen grinste, während Adriano unter seiner Hand hindurchfegte. In der Diele stoppte er seinen Lauf, und sein Blick fiel auf ein Foto an der Wand, und, ja, ganz sicher, der große wuschelige Kater auf dem Foto hatte ihm gerade zugezwinkert. Frohe Weihnachten!

Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    Lina (Samstag, 21 Januar 2012 16:24)

    Ich habe sie ja schon bei MSP gelesen :) soooo schön!!!

  • #2

    franzsissi (Freitag, 27 Januar 2012 12:31)

    OH MEIN GOTT!!!! So eine LAAAANGE Geschichte!!!

  • #3

    Lillie (Freitag, 03 Februar 2012 10:27)

    Deine HP wird immer schöner und deine Geschichten sind einfach klasse